zurück zur Startseite

SchwarzwäIder Meister mit der Sonnenblume

Arbeitsfeld der Barockbildhauer Schupp reichte von Rheinau bis Gengenbach

Kunst- und Heimatforschung kann ein mühsames und zeitraubendes Arbeiten sein. Nicht selten müssen, um zu einem gültigen Mosaik-Bild zu kommen, über Jahre hinweg Steinchen um Steinchen zusammengetragen werden. Erst durch zähes Forschen und rekonstruierendes Vergleichen entsteht dann eine Aussage, die, der Öffentlichkeit mitzuteilen, verantwortet werden kann. Nicht anders verhält es sich, wenn beispielsweise eine Aussage über das Schaffen der tüchtigen Villinger Bildhauer Schupp gemacht werden soll. Vater Johann Schupp (1631-1713) und Sohn Josef Anton Schupp (1664-1729) waren in ihren Tagen die gefragtesten Bildhauer und Kunstschreiner im Landstrich zwischen Schaffhausen und Gengenbach. Und doch muß der Kunstfreund einheimischen Barocks auf eine Darstellung und Qualifikation der Werke der Schupp verzichten. Hier liegt zweifellos eine Lücke vor. Diesen Zustand hat der „Freundeskreis Baaremer Kunst und Volkskunst“ immer wieder beklagt. Er hat dabei Zustimmung gefunden und sich in gemeinsamer Forschungsarbeit mit dem Wolfacher Heimatforscher Josef Krausbeck daran gemacht, den Spuren von Vater und Sohn Schupp zu folgen. Das Ergebnis der Team-Arbeit liegt in Form eines Versuches für ein Werkverzeichnis der Schupp vor. Gewiß, das Verzeichnis erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es dürfte wohl noch einige Male ergänzt werden. Aber als Vorstufe einer regelrechten Schupp-Biographie kann es nützlich sein.

Das Werkverzeichnis umfaßt automatisch das Ortsverzeichnis. Es enthält alle Orte, für welche die Schupp gearbeitet haben. Der Schaffensbogen der beiden Meister ist weit gespannt. Er reicht von Rheinau über Villingen, Wolfach bis Gegenbach. Im wesentlichen umfaßt er das einstige Herrschaftsgebiet der Fürstenberger mit seinen Randzonen. Abgesehen von einigen Klöstern und Pfarreien in diesem Raum wurden denn auch die Fürstenberger die wichtigsten Auftraggeber für die Schupp. Unter ihrem Mäzenatentum konnten die Villinger Meister Erstaunliches leisten. Wie die Nachforschungen ergaben, "stießen" die beiden im Süden bis nach Rheinau bei Schaffhausen vor. Hier verhalfen sie der Klosterkirche zu Schmuck und Glanz. Sie schufen das Chorgestühl, das Orgelgehäuse sowie das Fintansgrab. Ihr Name ist in den Kloster-Annalen mit "Tschupp" verzeichnet. Nordwärts ihren Spuren folgend, erfolgt die nächste Begegnung mit ihren Werken in Hondingen. Hier brachten sie in romanisches Gemäuer barocke Zier. Die Meister schufen für Hondingen eine neue Inneneinrichtung mit dem Hauptaltar als Kernstück. Ein ungewöhnlich umfangreicher Figurenschmuck bezeugte zusätzlich ihr Engagement. Wenn es noch eines Beweises der Könnerschaft der beiden Schupp bedurft hätte, so wäre der Beweis in Hondingen geliefert worden. In Hondingen nämlich "barockisierten" die Schupp das dortige romanische Gnadenbild mit einem Empfindungsvermögen, daß Experten der Gegenwart sich nicht genug des Lobes äußern können. Und noch eines soll angefügt sein: In Hondingen hinterließen die Villinger Meister in Vielzahl das Siegel ihrer Meisterschaft in der Form, daß sie, wo immer nur möglich, Sonnenblumen anbrachten. Dieses Symbol begleitete die Schupp landauf und landab. Es ist das untrügerische Merkmal dafür, daß Vater und Sohn Schupp am Werke waren. Die Blume wurde ihr Emblem. Sie gab ihnen in neuerer Zeit die Bezeichnung „Meister der Sonnenblume“.

Auf Hondingen folgt - geographisch gesehen - Hüfingen. Diesem für die schönen Künste von jeher empfänglichen Ort bescherte die Werkstatt Schupp einige monumentale Apostelfiguren. Zwei dieser bewegten Figuren kehrten unlängst in die Kirche zurück. Für die anderen sind Plätze reserviert. Schupp-Figuren derartigen Ausmaßes hat auch Villingen. Sie können im Münster und im Museum betrachtet werden. Für Villingens Kirchen und Kapellen hatte die Werkstatt Schupp laufend zu arbeiten.. Es hatten teil: die Benediktinerkirche, die Klosterkirche, die Johanniterkirche die Franziskanerkirche und - wie gesagt - das Münster. Manches vom einstigen Kunstgut der Schupp ging in Villingen in Verlust. Doch kam noch so vieles auf unsere Zeit, daß sich Villingen ein gültiges Bild über seine beiden Meister machen kann.

Im engeren Bereich Villingens müssen die Kirchen auf dem Dreifaltigkeitsberg und Rottweil mit seiner Heiligkreuzkirche (Hochaltar) erwähnt werden, während Arbeiten in Donaueschingen und Geisingen nicht mit Eindeutigkeit den Schupp zugeschrieben werden konnten. Dafür aber kann Triberg ganz groß auf Schupp hinweisen. Seine Wallfahrtskirche birgt einen Hochaltar, der einen Glanzpunkt im reichen Schaffen der Werkstatt Schupp darstellt. Auch hier findet man die Sonnenblume in verschiedenen Größen und Varianten vor. Von Triberg aus geht die Spur weiter zum Brend hinauf. Die dortige Martinskapelle mit ihrer Pieta sowie den Engelsköpfen können Schupp zugeschrieben werden.

In Hausach hingegen bestehen vorerst lediglich Vermutungen. Diese beziehen sich auf die alte Hausacher Kirche. Die Kanzel, das große Kreuz, die Figuren Rochus und Johann und Nikolaus, das Jesuskind am Allerseelenaltar sowie weitere Details ähneln Schuppscher Arbeitsweise. Völlige Gewißheit besteht jedoch wiederum in Wolfach. Überhaupt ist Wolfach der Ort, an dem die Schupp die kräftigsten Spuren hinterlassen haben. Zentralpunkt der Arbeiten ist die Wallfahrtskirche St. Jakob. Rund ein halbes Hundert Kunstwerke haben die Meister für die Kirche St. Jakob gefertigt. Altäre, Statuen, Kreuzgruppen, Grabgruppen, Kreuze, Blumen- und Früchtegirlanden. Etliche Figuren sind aus Terrakotta. Demnach verstanden sich die Schupp ebenso trefflich in der Kunst des Modellierens, wobei sie gewiß an das Vorbild Hans Krauts anknüpfen konnten. Das Modell des Hauptaltars in St. Jakob formten sie aus Ton. Es gelangte später nach Donaueschingen. Wolfach weist noch weitere Kunstwerke der Werkstatt Schupp auf. Man begegnet diesen in der Stadtkirche, in der Schloßkapelle, im Museum und in Bürgerhäusern. Alle diese Arbeiten zu erwähnen, würde zu weit führen. Vielleicht genügt der Hinweis, daß auch Krippenfiguren aus Ton und künstlerisch hochwertige Kruzifixe darunter sind. Kruzifixe für die Herrgottswinkel bzw. für die Hausaltäre erhielten etliche alte Höfe in der Umgebung (Abraham-Hof, Deck-Hof). Details von Altären und Kanzeln in Schapbach und Wittichen weisen gleichfalls in die Werkstatt Schupp. Die Arbeiten passen zeitlich zu den Aufenthaltsorten der Schupp.

Kinzigabwärts kommt es in Haslach erneut zu Begegnungen mit Schupp. Hier beeindruckten das Altärchen in der Nepomuk-Kapelle sowie die Madonna an der     Ratsstube. Und um vollends die letzten Spuren zu suchen und zu finden, bedarf es des Aufenthalts in Gengenbach. Hier sind die Gegebenheiten allerdings noch etwas vage. Doch spricht ein Kreuz mit Maria und Johannes im Privatbesitz für die Urheberschaft Schupps. Vielleicht war die Werkstatt Schupp mit dabei, als die inzwischen zerstörte, barocke Einrichtung der Klosterkirche geschaffen wurde.

Wie dem auch sei: Die Villinger Meister Anton Schupp besaßen einen Wirkungskreis, der respektabel wie ihre Könnerschaft war. Sie machten sich und ihrer Kunst alle Ehre. Johann, der Vater, der zusammen mit Sohn Josef Anton die Dynastie emporführte, erfährt seitens seiner Nachkommen jedwedes Angedenken. Seine Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Urenkel, die heute in Grünwettersbach bei Karlsruhe leben, sind Garanten.
K. S.

aus: Renchtal-Zeitung vom 5.12.1970

 

zurück zur Startseite